Der Bundestagsabgeordnete Michael Brand rief den CDU-Stadtverband Romrod auf dessen Neujahrsempfang zu einem Aufbruch in ein neues Jahrzehnt auf. Die CDU lebe vom Wandel und müsse diesem ein unmissverständliches Profil geben, welches die Dynamik der Entwicklung, die gemeinsame Verantwortung und den gemeinsamen Weg thematisiert und ausformt.
Was ist eigentlich wichtig? Was ist eigentlich das Wesentliche, fragte sich Brand im Angesicht der aktuellen politischen Situation? In Teilen der Bevölkerung habe sich eine bedenkliche Stimmung ausgebreitet, die den Kompromiss als politische Lösung immer mehr verächtlich mache. Im Zuge dessen habe sich ein bedenklicher Verzichtspopulismus in Teilen der Gesellschaft etabliert. Schaue man sich Deutschland an, so sehe man jedoch ein schönes, wohlhabendes und soziales Land. Den Deutschen gehe es überwiegend gut. Die letzten 10 Jahre der CDU geführten Bundesregierung haben einen wirtschaftlichen Aufschwung hervorgebracht, wie es ihn zuletzt während der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert gegeben habe. In unserem Land herrsche nahezu Vollbeschäftigung, die Löhne stiegen und der Bundeshaushalt sei ausgeglichen. Helmut Kohl sprach im Zuge der Wende von blühenden Landschaften und wurde dafür angefeindet, doch fahre man heute in die ostdeutschen Städte, dann könne man die Entwicklung hin zum positiven nicht mehr verneinen. Welche Nation hätte den Wiederaufbau so schnell leisten können, fragte Brand? In diesem Sinne plädiert Brand für einen offenen und gestalterischen Weg, der die Meinung anderer zulasse, der sich durch das Finden von Kompromissen auszeichne und der auch Momente der guten Laune zulasse.
Frieden und Sicherheit seien nicht selbstverständlich. Manche mögen im Angesicht der langen Friedenszeit in diesem Land die Gefahren in der Welt ausblenden, doch die politische Situation in Syrien oder Libyen zeige auf, wie fragil der Frieden sei. Die NATO sei daher absolut notwendig, um den Kampf gegen den Terrorismus, gegen den Menschenhandel und den Drogenhandel zu führen. Im Zuge dessen müsse die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erhöht werden, so Brand.
Wichtige technische Gerätschaften im Zuge des Ausbaus des 5G-Netzes von Ländern wie China zu kaufen, sei fatal, so Brandt. Es könne nicht sein, dass man sich China an den Hals werfe. Die Gefahr, dass wir wirtschaftlich erpresst werden und dass die Menschenrechte auch in Europa gefährdet seien, wären nicht zu unterschätzen. Man müsse sich nur den Überwachungswahnsinn um die Uiguren näher anschauen, die mit Handy-Apps ausspioniert und brutal unterdrückt würden. Daher plädiere er für eine europäische Initiative, die darauf ausgerichtet sein müsse, die Marktführerschaft in diesem Bereich wieder herzustellen und Deutschland und Europa unabhängig und damit unerpressbar zu machen.
Auch in der Klimapolitik gelte es, andere Länder mit ins Boot zu holen. Momentan leben wir auf Kosten vieler Entwicklungsländer. Daher müssen wir zuerst gerechte Handelswege schaffen und durch Technologieführerschaft im Umweltbereich den globalen Wandel beeinflussen. Es sei vermessen ohne Russland, den USA und China den Naturschutz beeinflussen zu wollen. Der hysterischen Aussage, wir müssen nur verzichten, dann haben wir etwas für das Klima getan, würde ohne Beteiligung dieser Länder keine Wirkung zeigen.
Als letzte verbliebene Volkspartei habe die CDU die Absicht, eigene Ansprüche zu haben und zu formulieren. Daher darf sich die CDU populistischen Parteitagsbeschlüssen, wie z. B. dem der hessischen Grünen, bis zum Jahr 2026 den Verbrennungsmotor abzuschaffen, nicht hingeben. Auch könne man nicht mit extremen Parteien im linken und rechten Spektrum Koalitionen eingehen. Die CDU brauche die Meinungsführerschaft um Feinden der Demokratie, die mittlerweile in unseren Parlamenten sitzen, die Stirn bieten zu können. Hierfür muss die Partei Profil zeigen, idem sie die eigene erfolgreiche Vergangenheit mitteilt und Visionen für die Zukunft entwirft.
Bürgermeisterin Richtberg teilte nach ihrer Begrüßung der Gäste der Versammlung mit, dass sie aufgrund ihrer angeschlagenen Gesundheit in der nächsten Zeit keine Außentermine mehr wahrnehmen könne und bat gleichzeitig um Verständnis. Im Moment ginge ihre Gesundheit vor und sie müsse sich schonen. Der Magistrat würde im Rahmen seiner Möglichkeiten einzelne wichtige Termine wahrnehmen. Die Anstrengungen um LuWiA haben sich eventuell gesundheitlich ausgewirkt. Doch nun zeige sich, dass die durch die Vermietung hereinfließenden Gelder den Haushalt der Stadt Romrod derart entlasten, dass die Befreiung der Bürgerinnen und Bürger von den Straßenbaugebühren eventuell denkbar sei. Auch nach ihrer Meinung gelte es nun zu überlegen, welche Linie die CDU nach außen zu vertreten beabsichtige. Es müssen Wege gefunden werden, den Populismus von rechts einzudämmen. Zum anderen habe sie die jungen Familien im Fokus. Was ist zu tun, um diese hier in Romrod zu halten?
Der Bürgermeister der Stadt Alsfeld, Stephan Paule, ließ es sich nicht nehmen in seiner alten Heimatstadt Romrod, ebenfalls eine Ansprache zu halten. Er erinnerte zuerst an die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts: Kriegsende; Hyperinflation 1923; Hitler-Ludendorff-Putsch 1923; spanische Militärdiktatur; schwierige politische Situation im Parlament - regieren ohne Mehrheiten; Arbeitslosenversicherung 1927; Weltwirtschaftskrise 1929; der Versuch des Völkerbundes, die auseinanderstrebenden Völker zusammen zu halten.
Was sind im Angesicht dieser dramatischen Geschichte die Zukunftsfragen der 20er Jahre des 21. Jahrhunderts? Wie könne man aus dem, was wir haben, unsere Stadt, unser Land in eine positive Zukunft entwickeln? Wir dürfen uns hier im ländlichen Raum nicht immer nur schlecht reden, so Paule. Die Motoren des Wachstums unserer Region seien nicht nur unser Wasser für Rhein-Main, sondern auch unsere Handwerker, die sich von hier auf dem Weg ins Rhein-Main-Gebiet aufmachen und dort Großprojekte mit ihrer Arbeit vollenden. Allerdings gelte es, die Verteilung der Ressourcen bei der Entwicklung nicht außer Acht zu lassen. Der Vogelsberg sei bei der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr immer noch zu sehr hinten dran. Viele haben ein Jobticket, doch dies ließe sich kaum benutzen. Aber es sei falsch, nur auf die Ballungsgebiete zu schauen. Beim Thema Eigentum sei man im Vogelsberg wesentlich begünstigter als in Frankfurt. Doch beim Thema Mobilität scheiden sich die Geister: Subvention im Ballungsraum und Landwirtschaftspflege im ländlichen Raum. Wir sind kein Landwirtschaftsschutzgebiet, sondern auch ein Wirtschaftsgebiet, so Paule. Daher müssen wir uns am Markt behaupten und brauchen es nicht, dass uns ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.
Die Arbeit der CDU des Vogelsbergkreises findet bei Paule sehr hohe Zustimmung. Herr Dr. Jens Mischak habe sich eine hohe Reputation erworben und leiste großartige Arbeit in seiner Funktion als Erster Kreisbeigeordneter. Die Handschrift der CDU sei seit 2016 sehr deutlich wahrzunehmen und die Richtung stimme. Dabei dürfe man die großen Ziele nicht aus dem Blick verlieren: wirtschaftliche Entwicklung, Umweltschutz und Klimawandel dürfen nicht zur bloßen Verzichtserklärung werden. Wenn wir alle in Deutschland wie vor hundert Jahren leben, dann hat sich für die Welt / Umwelt nichts getan.
Er sei froh, dass man in der Schulpolitik das Konzept kurze Beine, kurze Wege durchgehalten habe, so Paule. Es sei gut, dass jedes Kind zumindest in der Heimatgemeinde die Grundschule besuchen könne. Nun bestehe allerdings erhöhter Sanierungsbedarf in Schotten, Grebenhain, Schlitz und Mücke (Sportanlagen). Dazu kommen fast alle Grundschulen und zusätzlich die Einrichtung von Mensen - zusammen ein Betrag von weit über 20 Millionen. Hier gelte es mit Augenmaß voranzuschreiten und die finanziellen Mittel des Kreises nicht zu erschöpfen. Dass jetzt ein Haushalt eingebracht werden konnte, sei vielen Gesprächen zu verdanken.
Auch Hauke Schmehl schlug in seiner Ansprache die Brücke zu der Fragestellung, was müssen wir für die Zukunft tun? Stillstand gehe nicht, jede Zeit habe neue Herausforderungen, die einen verpflichten, sich diesen zu stellen. Dafür benötige man Persönlichkeiten unserer Stadt, die gewillt sind, den politischen Entscheidungsprozess mitzugestalten. Nur, wenn wir die nächste Generation mitnehmen, können wir die Kontinuität in der Partei wahren. Wenn wir uns der Entwicklung gegenüber verweigern, dann könnte es uns ergehen wie Nokia oder der SPD. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass wir bei der nächsten Wahl wieder das gleichgute Ergebnis erzielen können, so Schmehl. In der Fraktion habe es unterschiedliche Meinungen bezüglich des Solarparks und des Baugebietes Krummacker gegeben. Beim Letzteren habe man sich für die jungen Familien und deren Wunsch, hier in Romrod zu bauen, entschieden. Hier galt es im Sinne des Vorredners Holger Brand Profil zu zeigen, für die elementaren Themen der CDU und dazu gehöre nun einmal die Mitte unserer Gesellschaft, die jungen Familien.
In seinen Abschlussworten bedankte sich Hauke Schmehl ganz herzlich bei denjenigen Parteimitgliedern, die in den vergangenen Jahrzehnten die Politik des schönen Städtchens Romrod unter hohem zeitlichen Aufwand und hohem persönlichen Engagement mitgestaltet haben. Diese Persönlichkeiten seien Vorbilder für ihn gewesen. In diesem Sinne wolle auch er Vorbild sein.